Kultur und Krankheiten von Sempervivum
Was sind Sempervivum, die im deutschen Sprachgebrauch Haus-, Dach- oder Donnerwurz genannt werden?
Sie gehören als sukkulente Pflanzen botanisch gesehen zur Familie der Dickblattgewächse (Crassulaceae). In ihren dickfleischigen Blättern speichern sie Wasser und sind so in der Lage, größere Trockenzeiten gut zu überstehen.
Die Übersetzung des botanischen Namens bedeutet immerlebend (semper = immer , vivum = lebend).
Das natürliche Vorkommen liegt in den Alpen, auf dem Balkan, den Pyrenäen und eine Art im Atlasgebirge in Afrika.
An den Naturstandorten wachsen sie als genügsame Pflanz überwiegend in Felsspalten und auf felsdurchsetzten Trockenwiesen in sonnigen Lagen. Als Ernährung dienen ihnen hauptsächlich die eigenen abgestorbenen Rosetten.
Wie man an ihrem natürlichen Standort sieht, sind Sempervivum Sonne liebende Pflanzen, die eher einen trockenen Standort lieben, an dem auch der fallende Niederschlag schnell abfließen kann.
Sempervivum arachnoideum am
Naturstandort
Sempervivum sind monocarp, die Pflanzenrosette, die eine Blüte gebildet hat, stirbt nach der Blüte ab.
Blütenfarben sind fast alle Rottöne, einige Gelbtöne und bei Albinoformen auch das Weiß.
Die Blattfarben der Rosetten variieren in allen Grüntönen, sowie grau, rosa, purpurrot, rot, orange, braun bis fast zu schwarz. Besonders hierin liegt der besondere Reiz der Pflanzen.
Die Blattformen reichen von kurz und rund bis lang und spitz. Es tritt teilweise Behaarung an den Spitzen und Rändern auf. Die Oberflächen der Blätter können stumpf, glänzend oder samtig sein.
Ein großes Problem ist die Bestimmung der Arten und Cultivars, da diese je nach Jahreszeit, Standort, Erdmischung und Düngung teilweise völlig verschiedene Färbungen und Größen der Rosetten haben.
Vergleiche lassen sich nur anstellen, wenn zwei Pflanzen nebeneinander unter gleichen Kultivationsbedingungen mindestens zwei Jahre wachsen.
Sempervivum vermehren sich vegetativ durch Tochterrosetten, die sich an unterschiedlich langen Stolonen bilden und dort dann einwachsen. Die einzelne Rosette bildet meistens zwei bis drei Jahre lang Tochterrosetten, dann steht die Blüte an. Die ersten Anzeichen dazu sind normalerweise eine stärkere Färbung der Rosette, diese verlängert sich in der Mitte zu einem Stamm, der 10 bis 40 cm hoch werden kann. Am oberen Ende erscheint eine attraktive Traube von Blüten. Die Blüten sind sternförmig und haben 8 – 16 Blumenblätter.
Die
meisten Blüten erzeugen reichlich Samen. Da die Hybridisation sehr stark
ausgeprägt ist, bietet sich ein Aussäen nicht an, wenn die gleiche Art bzw.
Form der Pflanze wieder erreicht werden soll. Zur
Vermehrung ist das Abnehmen der Tochterrosetten und deren Kultivation
einfacher und schneller.
blühende S. arachnoideum am Naturstandort
Eine Aussaat ist langwierig und erfolgt am besten im Frühling. Man muss beachten, dass der staubfeine Samen nicht abgedeckt wird, sondern nur leicht angedrückt wird ( Lichtkeimer). Sie ist interessant für Leute , die keinen Wert auf Namen legen, oder für Züchter.
Durch Züchter sind bereits mehr als 3000 Cultivare entstanden und mit Namen benannt worden. Meiner Meinung nach ist die Namensgebung nicht immer gerechtfertigt. Viele Cultivare sind sich doch sehr ähnlich.
Ich würde
jedem Züchter empfehlen, vor der Namensgebung Zugang zu einer großen Sammlung
zu haben. Dann hätte er Vergleichsmöglichkeiten und könnte überprüfen, ob
seine neue Form nicht schon seit langem in fast gleicher Form existiert.
Auch in unseren Gärten sind Sempervivum sehr bescheiden.
Ich pflanze sie in meinem Garten in den vorhandenen reinen Sandboden, der sehr wasserdurchlässig ist. Als Düngung bekommen sie ca. alle 2 Jahre eine sehr geringe Menge Hornspäne.
Pflanzen im Topf bekommen bei mir eine Erdmischung aus ca. 2 Teilen TKS I (Torfkultursubstrat), 1 Teil Sand, 1 Teil Splitt, dazu sehr wenig Hornspäne.
Zuviel Düngung führt zu monströsen Wachstum und regt außerdem die Blütenbildung an. Die Struktur der Rosetten wird deutlich aufgeweicht. Bei Naturformen und Cultivaren bewirkt eine geringe Düngung eine intensivere Blattfärbung.
Die Flächen im Alpinum und auch die Erde in den Töpfen bedecke ich mit einer
ca. 1 – 2 cm starken
Splittschicht.
Die Vorteile: Bei der Verwendung von Splitt bleiben die Wurzelhälse der
Pflanzen trocken, das Wachstum von Unkraut wird behindert. Aufkeimendes Unkraut
vertrocknet in einer Wärmeperiode,
da noch kein Erdschluss der Keimlinge erreicht ist. Was dennoch durchkommt, lässt
sich leichter entfernen. Die Vermoosung der Pflanzen, besonders in Töpfen, wird
stark reduziert. Splitt verbessert den Wasserhaushalt, bei Regen werden die
angebrachten Etiketten nicht durch Erdspritzer beschmutzt. Der optische Eindruck
einer Abdeckung mit Splitt hebt die
Pflanzen besonders hervor.
Krankheiten:
Bei der Kultur unter Glas ( bei manchen Sammlern in den Wintermonaten) treten gelegentlich Blattläuse auf. Diese können mit handelsüblichen oder biologischen Mitteln bekämpft werden. Die Pflanze wird jedoch durch den Blattlausbefall kaum geschädigt und erholt sich zusehends.
In vielen Sammlungen sind die Nackt- und auch Gehäuseschnecken eine große Herausforderung. Da hilft nur abends bei feuchtem Wetter absammeln, Schneckenkorn, Bierfallen aufstellen und ähnliches.
Eine weitere Gefahr stellt der Dickmaulrüssel dar. Die Larven fressen die Wurzeln und arbeiten sich bis zum Zentrum der Rosetten vor, die dann abstirbt . Als Pflanzenschutzmassnahme können Nematoden eingesetzt werden. Im Freiland jedoch kaum durchzuführen und unter Glas auch zu teuer. Eine Kontrolle der Bestände und Entfernung der Pflanzen mit Boden, in dem die Larven sich aufhalten, ist die beste Methode.
Larve
und Käfer des Dickmaulrüssler
Bakterien- oder Virenerkrankungen
treten sehr selten auf. Ich habe es noch nicht erlebt.
Etwas häufiger tritt schon eine Pilzerkrankung auf Hierbei handelt es sich um den Rostpilz Endophyllum sempervivi. Bei Befall sind die einzelnen Rosettenblätter bis zur dreifachen Größe verlängert, teilweise dabei noch gekrümmt. An der Blattbasis verfärben sie sich hellgelbgrün. Später erscheinen an der Unterseite der Blätter rostartige Pusteln. In diesen sind dann die Sporen des Pilzes enthalten
mit dem Rostpilz Endophyllum sempervivi befallenen Rosetten
Foto: Horst Dieter Röhr
Die ganze Pflanze mit Erde muss sofort entfernt werden. Der Pilz ist ausdauernd und kann schnell eine ganze Sammlung zunichte machen. Auf keinen Fall auf den Kompost werfen. Der Mülleimer ist der richtige Platz. Früher war das Pflanzenschutzmittel „Planfax“ verwendet, das sich aber nicht mehr im Handel befindet.
Der Pilz tritt nicht nur in der
Kultivation sondern auch in der Natur auf. Ich persönlich habe den Pilz in den
Pyrenäen mehrfach an großen Polstern von S. montanum gesehen. In meiner
Sammlung hatte ich vor einigen Jahren eine befallene Pflanze, die ich von einem
Sammler bekommen hatte. Zum großen Glück hatte ich es rechtzeitig bemerkt und
die Pflanze sofort vernichtet.
Ein weiterer Schädling sind die Drosseln. Sie scheinen einen besonderen Spaß bei der Futtersuche zu haben, wenn sie Sempervivumpolster in alle Teile zerlegen. Nach meiner Beobachtung geschieht dieses hauptsächlich bei Polstern, in denen man die abgestorbenen Rosettenreste belassen hat. Alles was abgestorben aussieht, wird nach Kellerasseln und ähnlichem Getier durchsucht.